14.12.2023

BDL Next: Förderprojekt trägt bidirektionale Ladelösungen für Elektrofahrzeuge in den massenfähigen Realbetrieb

BMWK fördert großen Pilotbetrieb zur Entwicklung des bidirektionalen Lademanagements der nächsten Generation mit über elf Mio. Euro

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Logo des Förderprojektes BDL Next

Das Forschungskonsortium „BDL Next“ - direkter Nachfolger des Projekts Bidirektionales Lademanagement (BDL) - hat im November 2023 seine Arbeit aufgenommen. Im Zentrum des Projekts steht ein mehrstufiger Feldversuch zur Erprobung der Massentauglichkeit und Massenintegration des bidirektionalen Ladens von Elektrofahrzeugen. Gefördert wird das dreijährige Vorhaben vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) mit über elf Mio. Euro.  Träger des Verbundprojekts ist das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Nach drei Jahren Projektlaufzeit sollen bidirektionale Serienfahrzeuge mithilfe standardisierter Technologien vollständig in energiewirtschaftliche Marktprozesse, den Netzbetrieb und das Energieökosystem der Kundinnen und Kunden integrierbar sein. Die Leitung des dreijährigen Forschungsprojektes übernimmt die FfE aus München. Am Projekt beteiligen sich der Automobilhersteller BMW, die Netzbetreiber Bayernwerk Netz und TenneT und das Energieunternehmen E.ON, während KEO und Compleo die Bereiche EEBUS-Kommunikationstechnik und Ladeinfrastruktur abdecken. Komplettiert wird das Konsortium mit dem KIT, der Universität Passau und der EBZ Business School, die sich im Rahmen der wissenschaftlichen Begleitung beteiligen.

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Das Vorgängerprojekt BDL hat gezeigt, dass Elektrofahrzeuge ein vielfältiges Potenzial für markt-, netz- und systemdienliche Zwecke sowie für Anwendungen im Interesse der Letztverbraucher bieten. Voraussetzung hierfür ist, dass die Fahrzeuge Strom sowohl intelligent beziehen als auch rückspeisen können. Beispielhaft dafür stehen die Eigenverbrauchsoptimierung bei privaten PV-Anwendungen oder die Bereitstellung von Energie zum Ausgleich von Frequenzschwankungen im Stromnetz.

Zum aktuellen Zeitpunkt bestehen weiterhin sowohl technologische als auch rechtlich-regulatorische und prozesstechnische Lücken, die eine nahtlose Überführung in den massenfähigen Realbetrieb von bidirektionalen Ladestrategien bislang verhindern. Genau hier setzt BDL Next an: Kern des Projekts ist die Weiterentwicklung technischer Lösungen, um die Systeme stärker mit etablierten Prozessen der Energiewirtschaft bei der Vermarktung von Energiemengen an der Strombörse oder Systemdienstleistungen zu verzahnen. Gleichzeitig wird auch am netzorientierten Betrieb bidirektionaler Fahrzeuge gearbeitet, damit diese zukünftig integraler Bestandteil unseres robusten und intelligenten Stromnetzes werden. Mit einem mehrstufigen Feldversuch sollen die Erfahrungen aus dem Realbetrieb genutzt werden, um Schwachstellen der Konzeption und technischen Entwicklung offenzulegen, ökonomische und ökologische Mehrwerte des bidirektionalen Ladens weiter steigern und die Integration der Technologie aus Kundenperspektive weiter zu vereinfachen.  

Abb. 1: Am Projekt BDL Next beteiligte Unternehmen

Mehrstufiger Pilotbetrieb

Zur Erprobung und Demonstration der neuentwickelten Lösungen wird ein dreistufiger Pilotbetrieb angestrebt. Im ersten Schritt werden virtuell die Vermarktungs- und Betriebsstrategien weiterentwickelt und getestet. Anschließend kommen einige Pilotfahrzeuge des Vorgängerprojekts zum Einsatz, um die Prozesse zu implementieren und zu prüfen. Abschließend findet ein Wechsel auf bidirektionale Serienfahrzeuge statt, um die Massentauglichkeit der Technologie zu demonstrieren. 

„Wir freuen uns sehr, mit BDL Next auf den Erfahrungen und Erfolgen aus dem BDL-Projekt zu bauen und das bidirektionale Laden massentauglich zu machen. Eine gute Zusammenarbeit aller beteiligten Stakeholder ist hierfür entscheidend, weswegen ich sehr glücklich über die Fortsetzung im Rahmen dieses breiten Konsortiums bin“, so Dr.-Ing. Mathias Müller, Gesamtprojektleiter.

Fünf Schwerpunkte der Technologieentwicklung & wissenschaftliche Begleitung

Neben dem gemeinsamen Pilotbetrieb arbeiten die Partner in verschiedenen Arbeitspaketen an der technologischen Weiterentwicklung der benötigten Schnittstellen und Prozesse, um die verschiedenen Use Cases des bidirektionalen Ladens nahtlos in bestehende Systeme zu integrieren:

  • Die beteiligten Unternehmen entwickeln eine Aggregations-Plattform, die es ermöglicht, Elektrofahrzeuge und andere Flexibilitäten effizient zu verbinden und zu steuern. Ziel ist es, dass diese im alltäglichen Betrieb sowohl zur Stabilisierung des Stromnetzes beitragen als auch auf Marktanforderungen reagieren können.
  • Die gesammelten Anforderungen der Use Cases werden detailliert in technischen Dokumentationen der einzelnen unterschiedlichen Kommunikationsstrecken beschrieben und an die entsprechenden Standardisierungsgruppen überführt. Aus den jeweiligen technischen Dokumentationen werden Software-Lösungen für die einzelnen Endgeräte entwickelt, mit dem Ziel der interoperablen Kommunikation.
  • Im Rahmen der Netzintegration werden die Entwicklung, der Aufbau und der Betrieb einer konzeptionellen Niederspannungsnetzleitwarte, aufbauend auf Erkenntnissen und Ergebnissen der Vorgängerprojekte, umgesetzt. Der Fokus liegt dabei auf Monitoring, Bewertung, Prognose sowie auf der Steuerung von Flexibilitäten.
  • Unterdem Titel Marktintegration streben die Partner eine Anbindung der Aggregationsplattform an die Energiemärkte an.Dabei werden Handelsstrategien zur Vermarktung der verfügbaren Flexibilitäten eines Aggregators über die verschiedenen erschließbaren Marktkanäle entwickelt und ein transparentes und effizientes Abrechnungs- und Messkonzept aufgestellt. Zudem sind eine einfache, verständliche Integration sowie die Bereitstellung der Soft- und Hardware beim Nutzer wichtige Bausteine, welche ebenfalls innerhalb dieses Arbeitspakets untersucht werden.
  • Im Arbeitspaket Systemintegration werden Prozesse entwickelt, die eine skalierbare Integration von bidirektionalen Elektrofahrzeugen in das Energiesystem zur Erbringung von Regelleistung und Redispatch ermöglichen – unter Beachtung und ggf. Weiterentwicklung des regulatorischen Rahmens.
  • Begleitend forschen die beteiligten Hochschulen und Institute zu den Themen Kundenerlebnis, Nutzerverhalten, Optimierungspotenzialen des Energiemanagements, sowie zu Rückwirkungen der Technologie auf die Stromnetze und das Energiesystem. Aufbauend auf den Potenzialen der Elektrofahrzeuge werden im Rahmen der Begleitforschung unterschiedliche Use Cases sowie Multi Use Anwendungen, auch unter Verwendung eines Heim-Energiemanagementsystems aus Nutzersicht, umfassend analysiert.
Analyse der Kundenperspektive

Ein positives Kundenerlebnis und eine hohe Marktattraktivität der bidirektionalen Ladetechnologie sind für eine künftige erfolgreiche Massenintegration von großer Relevanz. Diesem Themenbereich widmet sich das Forschungsteam der Universität Passau schwerpunktmäßig im Rahmen des Verbundprojektes. Hieran sind das Institut CENTOURIS sowie der Lehrstuhl für Marketing und Innovation beteiligt. Ziel des Teilvorhabens „Analyse kundenspezifischer Akzeptanzkriterien für eine erfolgreiche Massenintegration (Kundenerlebnis)“ der Universität Passau ist es daher, eine umfassende Evaluation der Nutzerperspektive auf eine breit ausgelegte Anwendung der bidirektionalen Ladetechnologie vorzunehmen. Für Professor Dr. Jan H. Schumann, Inhaber des Lehrstuhls für Marketing und Innovation, besteht das übergeordnete Ziel des Projektes darin, konkrete und praxisrelevante Handlungsempfehlungen für eine hohe Nutzerfreundlichkeit und -akzeptanz im Kontext einer künftigen Massenintegration der bidirektionalen Ladetechnologie abzuleiten.

„Das Vorgängerprojekt Bidirektionales Lademanagement – BDL hat bereits sehr deutlich die umfangreichen Potenziale aber auch Hürden der bidirektionalen Ladetechnologie aus Nutzersicht aufgezeigt.“, so Dr. Stefan Mang, Geschäftsführer von CENTOURIS. „Das Vorhaben der Nutzerforschung greift im Nachfolgeprojekt BDL Next diese Punkte entsprechend gezielt auf. Durch Nutzerbefragungen und intensive Begleitung realer Feldtestvorhaben wollen wir die für eine Massentauglichkeit der Technologie relevanten Faktoren identifizieren und praxisnahe Handlungsimplikationen geben. Eine gezielte Analyse des Einflusses externer Faktoren auf das Stimmungsbild potenzieller Nutzerinnen und Nutzer rundet die Arbeit der Uni Passau ab.“

Für ihre Arbeit am Projekt BDL Next können beide beteiligte Einrichtungen der Universität Passau auf umfangreiche gemeinsame Erfahrungen in der Nutzerforschung im Bereich Elektromobilität zurückgreifen. So baut das Projekt auf den Erfahrungen und Erkenntnissen des von 2019 bis 2022 durchgeführten Vorgängerprojekts „Bidirektionales Lademanagement (BDL)“ auf, in welchem die Uni Passau ebenfalls die Rolle der Nutzerforschung innehatte. Ergänzt werden diese Erfahrungen inhaltlich und methodisch durch die Beteiligung der Universität Passau am derzeit laufenden Forschungsprojekt „unIT-e² – Reallabor für verNETZte E-Mobilität“. Das Fördervolumen für die Universität Passau im Projekt BDL Next beträgt insgesamt rund eine halbe Million Euro.