10.09.2020

Regionaler, individueller, erlebnisorientierter: Was den Fahrradtourismus der Zukunft ausmacht

Wie könnte der Fahrradtourismus der Zukunft in Ostbayern aussehen? Diese Frage stand im Mittelpunkt des ersten Netzwerks nachhaltiger Radtourismus, veranstaltet vom Tourismusverband Ostbayern (TVO) und vom Centrum für marktorientierte Tourismusforschung der Universität Passau (CENTOURIS). Rund 70 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus dem öffentlichen Tourismus, Kommunalpolitikern und Leistungsträgern diskutierten auf der Veranstaltung nachhaltige Strategien und Konzepte.

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Moderator Martin Gruber (links) begleitet durch die Veranstaltung: Dr. Michael Braun (TVO), Dr. Stefan Mang (CenTouris), Mathias Behrens-Egge (BTE) und Anna Biedersberger (CenTouris) (v.l.n.r.) berichten über den aktuellen Stand im Projekt EcoVeloTour.

Das europäische EuroVelo-Radwegenetz erstreckt sich in Ostbayern über den gesamten Donauradweg und den Iron Curtain Trail. Bereits in seiner Eröffnungsrede wies Landrat Josef Laumer, ehemaliger Präsident des TVO, auf die Bedeutung des Radtourismus in der Region Ostbayern hin und dankte den Beteiligten für ihr Engagement. Man stehe vor der positiven Situation, dass gut ausgebaute Infrastruktur vorhanden sei und diese mit spannenden Themen und Produkten verknüpft werden kann, um Gästen ein angenehmes Urlaubserlebnis zu bieten.

Tilman Sobek, Geschäftsführer von absolutGPS, referierte in seiner Keynote zum Thema Trends und Potentiale des nachhaltigen Radtourismus. Er bestätigte, dass passende Rahmenbedingungen gegeben seien, um die Nachfrage nach Radurlauben zu stärken. Trends wie Gesundheit und Regionalität greife man auch in Ostbayern auf, um den Fahrradtourismus weiter zu entwickeln. Allerdings reiche es nicht mehr aus, Befahrbarkeit und Beschilderung von Radwegen sicherzustellen. Auch das „Produkt“ müsse erweitert werden, um den Erwartungen der Gäste gerecht zu werden, beispielsweise mit authentischen Themenrouten oder im Hinblick auf die Barrierefreiheit. Wettbewerbsfähig bleiben könne man nur mit besonderem Erlebnischarakter.

Die Philosophie des nachhaltigen Reisens per Rad war Thema der anschließenden Panel-Diskussion mit BR-Moderator Martin Gruber. Filmemacher Maximilian Semsch plädierte dafür, dass Radfernwege auch über Landesgrenzen hinweg homogener gestaltet werden sollten, um für breitere Zielgruppen attraktiv zu werden. Katka Karl-Brejchová, Reiseveranstalterin und Geschäftsführerin von „Begegnung mit Böhmen“, und Petra Husemann vom ADFC Bayern forderten einen besseren Ausbau des Schienennetzes in Europa, um umweltfreundlichere An- und Abreisemöglichkeiten für Radreisende zu schaffen. Barbara Weiherer vom radfreundlichen Simmernhof schilderte ihre Erfahrungen als Gastgeberin. Der oft gewünschte nachhaltige Tourismus sei regional und individuell.

Den Nachmittag der Veranstaltung eröffnete Anna Biedersberger von CENTOURIS mit der Vorstellung des EcoVeloTour-Projekts, das seit 2018 aus dem Danube Transnational Programme der Europäischen Union mit insgesamt rund 2,1 Millionen Euro gefördert wird. Insgesamt zehn Projektpartner aus sieben Donauländern arbeiten daran, Teile des EuroVelo-Netzes entlang der Donau durch eine nachhaltige Komponente zu erweitern. Insgesamt besteht das Netz aus 17 Radfernwegen in ganz Europa und erstreckt sich über 90.000 Kilometer.

„Neben der grenzüberschreitenden Produktentwicklung stehen auch der Austausch von Know-how und regionale Anpassungen im Vordergrund“, so Biedersberger. Während es im oberen Donaulauf, etwa in Deutschland und Österreich primär um die Entwicklung von Konzepten gehe, seien im unteren Donaulauf Maßnahmen verstärkt auf den Ausbau von Infrastruktur ausgerichtet. „Dort werden beispielsweise Fahrrad-Rastplätze mit Lehrpfaden und Infoschilder sowie Fahrrad-Zählsystemen errichtet.“

Dr. Stefan Mang, Geschäftsführer von CENTOURIS, gab tiefere Einblicke in die Projektarbeit auf bayerischer Seite. In der für das Projekt durchgeführten transnationalen Marktforschung betrachte man die unterschiedlichen Gegebenheiten der Radwege, politische Maßnahmen im Tourismus der einzelnen Donauländer und auch die unterschiedlichen Segmente der Radurlauber. „Es zeigt sich, dass im oberen Donauverlauf überwiegend Familien und ältere Menschen unterwegs sind, in Ländern weiter donauabwärts dafür oftmals jüngere und abenteueraffine Radfahrer“, fasst  Dr. Mang zusammen. An diese ungleiche Situation knüpfe man bereits mit einer projektinternen Analyse an, die in den kommenden Wochen als Grundlage für einen vertieften Austausch zwischen den Projektpartnern der Länder dienen werde. „Auch die Einflüsse der Corona-Pandemie auf das Reiseverhalten haben wir für den deutschen Raum eingehend analysiert, um sie in die weitere Entwicklung einzubringen“, so Mang.

TVO-Geschäftsführer Dr. Michael Braun und Mathias Behrens-Egge von der Tourismus- und Regionalberatungsgesellschaft BTE gaben ergänzend hierzu Einblicke in die konzeptionelle und strategische Arbeit und den Austausch mit touristischen Leistungsträgern, zum ÖPNV-Angebot und den Trends wie der gestiegenen Nachfrage im Fahrradtourismus. Eine künstlerische Bestätigung der vielfältigen Anknüpfungspunkte für EcoVeloTour entlang der Donau lieferte zum Abschluss des Programms Maximilian Semsch mit filmischen Eindrücken seiner über 3.000 Kilometer langen Radreise von der Mündung bis zur Quelle der Donau.

Weitere Informationen zum Projekt EcoVeloTour finden Sie unter Förderprojekte.